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Klare Rollentrennung zwischen KI und Radiologen hilfreich

Radiology Teaser

Für Radiolog:innen ist eine bewusste, strukturierte Rollentrennung zwischen KI und menschlicher Expertise erfolgversprechender als eine vollständige Integration der Systeme.

Datum:

30.09.2025

Journal:

Radiology 2025;316(1):e250477

Titel:

Beyond Assistance: The Case for Role Separation in AI-Human Radiology Workflows 

Autor:

Rajpurkar P und Topol EJ

Zur Originalstudie

Eine klare Rollentrennung zwischen KI und menschlicher Expertise kann in der Radiologie die diagnostische Genauigkeit und Effizienz verbessern. Das sagen Pranav Rajpurkar und Eric Topol – sie plädieren daher für eine klare Rollentrennung zwischen KI und Radiolog:innen.

 

Hintergrund – Ineinandergreifen von KI und Mensch nicht immer optimal

Assistierende KI-Modelle gehen in der Regel davon aus, dass Radiolog:innen von der KI-Nutzung profitieren, indem sie diese in ihre Befundung einbeziehen. Studien zeigen jedoch, dass sich diese Annahme in der Praxis nicht immer bewahrheitet: So kommt es einerseits zu

„Automation Neglect“
– dem Ignorieren korrekter KI-Befunde – und andererseits zum
„Automation Bias“
– dem sich zu stark auf fehlerhafte KI-Vorschläge Verlassen. Das kann die Genauigkeit der KI-assistierten Diagnostik beeinträchtigen.

 

Drei Modelle der Rollen­trennung

Um diesen Phänomenen zu begegnen, schlagen die Autoren drei klar voneinander abgegrenzte Modelle zur KI-Nutzung in der Radiologie vor:

KI First – Sequenziell

Die KI übernimmt den ersten Schritt und stellt zum Beispiel die vorhandenen klinischen Informationen zu einem Patienten zusammen – als Grundlage für die darauf folgende Befundung durch eine Radiologin oder einen Radiologen.

Doktor First – Sequenziell

Radiolog:innen führen eigenständig die Bildbefundung durch – KI übernimmt nachgelagerte strukturierte Aufgaben, wie etwa das Erstellen standardisierter Befundberichte oder patientenverständlicher Erklärungen.

Case Allocation – Einteilung von Fällen

Fälle werden nach Komplexität oder Risiko entweder vollständig von der KI oder von Radiolog:innen bearbeitet. Beispiele sind 

  • automatisiertes Ausschließen von Normalbefunden (Beispiel Röntgenthorax)
  • risikobasierte Triage (Beispiel Mammographie-Screening)
  • dynamische Allokation bei komplexen Fällen (etwa in Abhängigkeit vom Grad der Unsicherheit der KI)

 

Praxistauglichkeit und Ausblick

Die klare Trennung der Aufgaben kann die individuellen Stärken von KI und Mensch besser nutzen, Fehlerquellen minimieren und die Zuverlässigkeit der Befunderstellung erhöhen, so die Autoren.

Um KI-Systeme erfolgreich zu implementieren, müssen diese sich an lokale Gegebenheiten und Anforderungen anpassen und klinisch validiert werden.

Künftige universelle KI-Systeme, die mehr als nur eine Aufgabe übernehmen können („Generalist Medical AI“) dürften an Bedeutung gewinnen, erwarten die Autoren.


Die Autoren

Der Medizininformatiker Pranav Rajpurkar lehrt Biomedical Informatics mit Schwerpunkt KI an der Harvard Medical School in Boston.

Der Mediziner Eric Topol leitet das Scripps Research Translational Institute in Kalifornien und forscht dort zu Gegenwart und Zukunft unserer Gesundheitssysteme.