Diagnose & Therapie eines akuten Koronarsyndroms
Frühzeitig erkennen und behandeln
Akute Brustschmerzen können unter anderem auch auf ein Magengeschwür, ein Wirbelsäulensyndrom, eine Herzmuskelentzündung oder eine Lungenembolie zurückzuführen sein. Durch eine körperliche Untersuchung und gegebenenfalls bildgebende Verfahren wird der behandelnde Arzt deshalb solche Ursachen schnellstmöglich ausschließen.
Das wichtigste Instrument bei den ersten Diagnose-Schritten ist das Elektrokardiogramm (EKG). Innerhalb von zehn Minuten nach dem ersten medizinischen Kontakt sollte ein 12-Kanal-Ruhe-EKG erstellt werden. Ebenso wichtig ist eine sofortige Blutabnahme zur Bestimmung des Herzenzyms Troponin.
Das EKG erlaubt die Unterscheidung zwischen einem akuten Koronarsyndrom mit ST-Streckenhebung (STEMI) und einem ohne anhaltende ST-Streckenhebung (NSTE-ACS).
Im ersten Fall, wenn neben dem typischen Brustschmerz eine länger als 20 Minuten anhaltende ST-Streckenhebung vorliegt, ist von einem Herzinfarkt mit komplettem Verschluss einer Koronararterie auszugehen, der schnellstmöglich wieder geöffnet werden muss.[1], [2]
Stellt der Arzt die Verdachtsdiagnose NSTE-ACS, zeigt die Messung von Troponin im Blut an, ob es sich um einen Nicht-ST-Streckenhebungs-Herzinfarkt (NSTEMI) oder um eine instabile Angina pectoris handelt. Dank hochsensitiver Nachweismethoden kann nach drei Stunden eine zweite Bestimmung des Troponins einen Herzinfarkt mit fast hundertprozentiger Sicherheit aufdecken. Ziel von Behandlungsmaßnahmen ist es, die Mangeldurchblutung zu verringern und den plötzlichen Herztod zu verhindern.[3], [4]
ACS-Patienten werden umgehend in eine Klinik eingewiesen, idealerweise in eine Chest-Pain-Unit (CPU). Solche spezialisierten Einrichtungen sind darauf eingestellt, Patienten mit akutem Brustschmerz rund um die Uhr zu diagnostizieren und zu behandeln.[3], [4], [5]
Medikamentöse Therapie
Akute Behandlung
Schon der Notarzt wird einem Patienten mit akutem Koronarsyndrom (ACS ) blutplättchenhemmende Medikamente, Schmerz- und Beruhigungsmittel geben, um ihm Erleichterung zu verschaffen. Um den Sauerstoffbedarf des Herzmuskels zu senken oder seine Sauerstoffversorgung zu verbessern, können sogenannte antiischämische Mittel wie Nitrate und ß-Blocker zum Einsatz kommen.
Zusätzlich werden Medikamente verabreicht, die die Verklumpungsneigung des Blutes senken. Hierfür werden blutgerinnungshemmende (Antikoagulanzien wie z. B. Heparin) und blutplättchenhemmende Medikamente (z. B. Acetylsalicylsäure, Clopidogrel, Prasugrel oder Ticagrelor) gegeben.
Herzkatheter
Im Anschluss an die medikamentöse Akut-Therapie werden weitere Maßnahmen eingeleitet, um die Diagnose zu verfeinern und die individuell beste Behandlungsstrategie zu finden. Hierzu gehören die Echokardiografie (EKG) als wichtigstes nicht-invasives Bildgebungsverfahren, die Herzkatheteruntersuchung (Koronarangiografie), Labortests und die Anwendung spezifischer Risikoskalen.[4], [6]
Je nach Risikoprofil des Patienten wird im Katheterlabor innerhalb eines Zeitfensters von zwei Stunden bis drei Tagen – bei STEMI sofort – eine Koronarangiografie durchgeführt, um verengte Herzkranzgefäße zu identifizieren. Mit dem Herzkatheter wird Kontrastmittel in die Herzkranzarterien gebracht, damit die Gefäße deutlich sichtbar werden. Eine mögliche Verengung lässt sich noch während des Eingriffs mit einem winzigen Ballon aufdehnen, sodass das Blut wieder normal zirkulieren kann. Häufig wird dabei auch gleich eine Gefäßstütze (Stent) eingeschoben, ein kleines Drahtgeflecht, das das Gefäß über längere Zeit offen halten soll. Die Patienten empfinden bei dieser minimalinvasiven Methode keine Schmerzen. Sie erhalten lediglich eine lokale Betäubung an der Einstichstelle.[6]
Langfristige Behandlung
Nach überstandenem akutem Koronarsyndrom besteht ein erhöhtes Risiko, erneut einen Herzinfarkt zu erleiden. Um dieses Risiko zu verringern und den Patienten so gut wie möglich vor einem erneuten Herzinfarkt zu schützen, ist eine langfristige medikamentöse Behandlung (Sekundär-Prophylaxe) wichtig! Bislang bestand die Sekundär-Prophylaxe eines akuten Koronarsyndroms aus blutplättchenhemmenden Medikamenten.
Seit einigen Jahren gibt es zur langfristigen Vorbeugung eines erneuten Herzinfarktes eine weitere Therapieoption. Hierbei kann in der Klinik nach Abklingen der Akutphase zusätzlich ein blutgerinnungshemmendes Medikament gegeben werden. Genau wie in der akuten Behandlung kann so zur Verhinderung des Auftretens eines erneuten Blutgerinnsels bzw. Herzinfarktes die Bildung des Blutgerinnsels über zwei sich ergänzende Wege gehemmt werden.
- expand_less