Diagnose und Therapie von Vorhofflimmern
Frühzeitig erkennen und behandeln
Bei vielen Patienten bleibt das Vorhofflimmern unbemerkt, es ist asymptomatisch. Dies birgt Gefahren. Der erste Bote kann dann bereits ein Schlaganfall sein. Symptome des Vorhofflimmerns wie z. B. Herzstolpern, Herzrasen oder ein unregelmäßiger Puls sollten zum Anlass für einen Arztbesuch genommen werden. Dort können mögliche Ursachen abgeklärt und gegebenenfalls behandelt werden. Üblicherweise wird der Arzt den Blutdruck messen, einen Belastungstest (Fahrradergometer), eine Ultraschalluntersuchung des Herzens (Echokardiografie) und eine 24-Stunden-Messung der Herzfunktion (24h-Elektrokardiogramm/EKG) vornehmen sowie die Lungen- und Schilddrüsenfunktion überprüfen.
In manchen Fällen muss eine weitergehende Untersuchung erfolgen, beispielsweise mittels Herzkatheter, mit dem Veränderungen von Gefäßen und Herzklappen noch besser sichtbar gemacht werden können, als dies die Elektrokardiografie ermöglicht. In bestimmten Fällen ist eine weiterführende Herzkatheter-Untersuchung erforderlich. Hiermit lassen sich Störungen der Reizleitung genau erfassen.
In der Diagnostik geht es darum, Krankheiten auszuschließen oder zu entdecken, die das Herz aus dem Rhythmus bringen können.
Medikamentöse Therapie
Ein wichtiges Ziel der medikamentösen und interventionellen Therapie des Vorhofflimmerns sind die Rhythmus- und Frequenzkontrolle. Die Rückführung in einen gleichmäßigen Herzrhythmus kann durch Maßnahmen wie die elektrische Kardioversion oder eine Katheterablation (Verödung von krankhaft veränderten Erregungsherden) erfolgen.
Eine weitere Möglichkeit besteht in der Gabe spezieller rhythmisierender Medikamente wie Betablockern, Calcium-Kanalblockern und Digitalis-Glykosiden. Sollten diese Maßnahmen nicht erfolgreich sein, steht die Frequenzkontrolle im Vordergrund. Das Herz sollte weder zu langsam noch zu schnell schlagen. Dies kann durch verschiedene Medikamente oder im Falle eines zu langsamen Herzschlages durch die Implantation eines Schrittmachers erreicht werden.
Außerdem zielt die Behandlung darauf ab, bei Patienten mit Vorhofflimmern einen Schlaganfall zu verhindern. Hierzu wurden in der Vergangenheit insbesondere Vitamin-K-Antagonisten (VKA) und Heparine eingesetzt. Heparine und indirekte Faktor-Xa-Hemmer müssen gespritzt werden. Vitamin-K-Antagonisten haben den Nachteil, dass aufgrund ihrer geringen therapeutischen Breite regelmäßig Gerinnungstests – sogenannte INR-Bestimmungen – durchgeführt werden müssen.
Seit einigen Jahren stehen modernere Therapien zur Schlaganfall-Prophylaxe bei Vorhofflimmern zur Verfügung. Die sogenannten NOAK (nicht-Vitamin-K-abhängige Gerinnungshemmer) sind oral einzunehmende Antikoagulanzien, welche einzelne Gerinnungsfaktoren direkt hemmen, wie etwa den aktivierten Faktor II (FIIa = Thrombin) oder den aktivierten Faktor X (Faktor-Xa). Es handelt sich um moderne Präparate, die erst seit 2011 in dieser Indikation in Europa zugelassen sind.
Frequenz- und Rythmuskontrolle bei Vorhofflimmern
Das Ziel bei der medikamentösen Therapie zur Frequenz- und Rhythmuskontrolle des Vorhofflimmerns ist, Symptome zu lindern und kardiovaskuläre Komplikationen zu vermeiden.
Bei der Frequenzkontrolle geht es darum, die Herzfrequenz zu normalisieren. Darüber hinaus gibt es Maßnahmen, die verhindern sollen, dass das Herz erneut aus dem Rhythmus gerät. Das wird als Rhythmuskontrolle bezeichnet und kann entweder durch Medikamente oder durch eine elektrische Kardioversion erfolgen.
Patienten mit Vorhofflimmern können selbst dazu beitragen, dass ein erneutes Vorhofflimmern weniger wahrscheinlich ist. Dazu gehören das Rauchen einzustellen und weniger Alkohol zu trinken ebenso wie regelmäßige sportliche Betätigung.
Gerinnungshemmende Medikamente
Bei gesunden Menschen werden die festen und flüssigen Bestandteile des Blutes durch die regelmäßigen Kontraktionen des Vorhofs gut durchmischt. Anders ist es beim Vorhofflimmern. Hier können sich feste Blutbestandteile zu Gerinnseln zusammenlagern, mit dem Blutstrom in das Gehirn wandern und dort einen Schlaganfall auslösen. Um dies zu verhindern, muss das Blut mithilfe von Medikamenten "verdünnt" werden.
Während des Vorhofflimmerns schlagen die Vorhöfe mit einer sehr hohen Frequenz (300 – 600 Schläge in der Minute). Dadurch kommt es nicht mehr zu einer geordneten Kontraktion, sondern nur zu einem leichten Zittern der Vorhöfe. Blutplättchen und rote Blutkörperchen können sich dann in den Winkeln und Nischen des Vorhofs ablagern, vor allem im sogenannten Vorhofohr. Das erhöht die Gefahr von Blutgerinnseln.
Teile dieser Blutgerinnsel können sich ablösen, mit dem Blutstrom in die Blutbahn geschwemmt werden und Adern verstopfen. Wenn ein solches Blutgerinnsel ins Gehirn gelangt, dort eine hirnversorgende Arterie verstopft und so von der Blut- und Sauerstoffzufuhr abschneidet, kann es einen oft folgenschweren Schlaganfall auslösen. Bei 20 – 30 Prozent aller Schlaganfallpatienten ist Vorhofflimmern die Ursache. Das Risiko eines Schlaganfalls kann effektiv minimiert werden, wenn rechtzeitig mit gerinnungshemmenden Medikamenten behandelt wird.
Wie die gerinnungshemmende Therapie erfolgen soll, hängt vom individuellen Risiko ab. Es gibt eine Reihe bedeutsamer Risikofaktoren:
- Eine eingeschränkte Pumpfunktion des Herzens,
- Schlaganfall in der Vorgeschichte,
- Bluthochdruck,
- Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus),
- eine Gefäßerkrankung (Herzinfarkt, periphere arterielle Verschlusserkrankung, Aortenplaque),
- Alter über 65 Jahre oder
- weibliches Geschlecht.
Je nachdem, wie viele dieser Risikofaktoren vorliegen, sollte die gerinnungshemmende Therapie erfolgen oder nicht. Auch über die Dauer entscheidet der Arzt im Einzelfall.
Die bisher in Deutschland häufig eingesetzten sogenannten Vitamin-K-Antagonisten zeigen bei nicht wenigen Patienten eine erhöhte Blutungsneigung und Wechselwirkungen mit anderen häufig eingenommenen Arzneimitteln und beliebten Lebensmitteln. Zudem können die notwendigen regelmäßigen Kontrollen des Gerinnungswertes bei manchen Patienten den Einsatz erschweren.
Die NOAK (nicht-Vitamin-K-abhängige Gerinnungshemmer) zeigen ein positiveres Nutzen-Risikoprofil als Vitamin-K-Antagonisten.
Operative Verfahren
Bei Patienten mit starken Beschwerden, bei denen sich der Sinusrhythmus nicht wiederherstellen lässt oder schwere Nebenwirkungen unter der Therapie auftreten, kann die Katheterablation eine Alternative darstellen.
Bei der Katheterablation wird ein feiner Draht von der Leiste bis in den rechten Vorhof des Herzens geschoben. Anschließend wird gezielt die elektrische Reizweiterleitung über die Lungenvenen isoliert, um damit die Ausbreitung von irregulären elektrischen Impulsen zu verhindern. Dies geschieht durch Veröden. Bei ansonsten herzgesunden Patienten oder Patienten, die sich einer Herzoperation aus anderen Gründen unterziehen müssen, ist auch ein operativer Eingriff, eine chirurgische Ablation, während einer minimal-invasiven Operation, möglich.
Nach der Ablation muss der Patient für sechs bis zwölf Stunden Bettruhe einhalten. In den ersten zehn Tagen nach dem Eingriff ist körperliche Schonung angesagt, um das Risiko von Nachblutungen an der Einstichstelle in der Leiste zu reduzieren.