Diagnose und Therapie von Thrombosen
Frühzeitig erkennen und behandeln
Aufgrund der gefürchteten und zum Teil lebensgefährlichen Komplikationen ist es von großer Bedeutung, Tiefe Venen-Thrombosen frühzeitig zu entdecken und zu behandeln. Für den Patienten ist eine Beinvenen-Thrombose nicht immer leicht zu erkennen. Die Anzeichen können unbestimmt sein oder fehlen. Das macht die Thrombose und ihre möglichen Folgen besonders gefährlich. Stellen sich die nachfolgend aufgeführten Beschwerden einzeln oder in Kombination ein, kann das auf das Vorliegen einer Beinvenen-Thrombose hindeuten.
- Ziehende Schmerzen und Druckempfindlichkeit der Wade, Kniekehle oder Leiste
- Schmerzverstärkung bei Druck auf die Wadenmuskulatur oder bei Beugung des Fußes
- Schwellung des Beins, sodass sich dieses im Umfang vom anderen Bein unterscheidet
- Glänzende, bläuliche oder violette Verfärbung des betroffenen Beines
- Überwärmung des betroffenen Beines, sodass der Temperaturunterschied zum anderen Bein fühlbar ist
- Verstärktes Hervortreten und Sichtbarwerden der Venen an der Oberfläche
- Schmerz bei Druck auf die Fußsohle
Die Behandlung einer akuten Tiefen Venen-Thrombose ist sehr wichtig, denn bei einer Thrombose handelt es sich um einen Notfall. Bereits bei begründetem Verdacht auf eine Tiefe Venen-Thrombose muss daher die Behandlung unverzüglich eingeleitet werden.
Ziel der Thrombose-Behandlung ist es, das weitere Wachstum des Thrombus zu verhindern und die Thrombusauflösung zu unterstützen, um somit den Blutfluss in der Vene wiederherzustellen. Ferner sollen eine Lungenembolie und das postthrombotische Syndrom verhindert werden. Ein rechtzeitiger Arztbesuch und eine frühzeitige Behandlung der Thrombose verbessern die Erfolgsaussichten und beugen oft Schlimmerem vor.
Kompressionstherapie
Bei der unterstützenden Behandlung der Thrombose wird das Bein mit einer Kompressionsbinde gewickelt oder ein maßangefertigter Kompressionsstrumpf angezogen.
Die Kompressionstherapie sollte so früh wie möglich begonnen werden. Sie dient der Linderung der Beschwerden sowie dem Abschwellen der Beine. Zudem lassen sich Häufigkeit und Schwere des postthrombotischen Syndroms deutlich reduzieren.
Antikoagulanzien – Gerinnungshemmende Medikamente
Die erste und wichtigste Maßnahme der Thrombose-Behandlung besteht in einer Hemmung der Blutgerinnung (Antikoagulation) durch Gabe von Medikamenten zur Blutverdünnung (Antikoagulanzien). Diese sollen das Fortschreiten der Thrombose und ihre Folgen vermeiden. Die Therapie wird über einen Zeitraum von mehreren Monatenweitergeführt, um das erneute Auftreten von Thrombosen zu verhindern.
Die am häufigsten verwendeten Antikoagulanzien (gerinnungshemmende Medikamente), die zur Vorbeugung (Prophylaxe) und Behandlung von Thrombosen verwendet werden, sind Heparine und Vitamin-K-Antagonisten, Thrombin-Hemmer und Faktor-Xa-Hemmer. Heparin wird als Infusion oder per Spritze unter die Haut verabreicht. Nach einigen Tagen erfolgt meist eine Umstellung der Therapie auf Vitamin-K-Antagonisten in Tablettenform.
Seit einigen Jahren stehen alternative, einfacher durchzuführende Therapien zur Verfügung, bei denen das Medikament als Tablette eingenommen werden kann. Zu den sogenannten „neuen Antikoagulanzien“ zählen beispielsweise die Faktor-Xa-Hemmer.
Antikoagulanzien werden nicht nur zur Prophylaxe und Therapie der Tiefen Venen-Thrombosen eingesetzt, sondern auch bei anderen Erkrankungen, beispielsweise bei nicht valvulärem Vorhofflimmern zur Vorbeugung von Schlaganfällen.
Heparine
Heparine sind Hemmstoffe der Blutgerinnung (Antikoagulanzien). Sie kommen natürlicherweise im Körper als Bestandteile des Bindegewebes vor. Heparine werden überwiegend aus der Darmschleimhaut von Schweinen gewonnen, während neuere Präparate künstlich (synthetisch) hergestellt werden. Antikoagulanzien hemmen die Blutgerinnung und können so die Bildung von Blutgerinnseln weitgehend verhindern und den Abbau von vorhandenen unterstützen.
Da Heparine im Verdauungstrakt zerstört werden, müssen sie als Spritze oder über Infusionen verabreicht werden. Die Spritzen werden unter die Haut (subkutan = s. c.) oder in eine Vene injiziert. Bei den Heparinen unterscheidet man zwischen:
- unfraktioniertem (Standard-)Heparin (UFH), dessen Moleküle relativ groß sind
- niedermolekularem Heparin (NMH) mit kleineren Molekülen
Letztere sind eine Weiterentwicklung des unfraktionierten Heparins und weisen gegenüber diesem eine einfachere Anwendung und Dosierbarkeit sowie bessere Verträglichkeit auf. Heute werden überwiegend niedermolekulare Heparine als Antikoagulanzien verwendet.
Vitamin-K-Antagonisten
Vitamin-K-Antagonisten (VKA) wirken als Gegenspieler des Vitamin K, das zur Bildung mehrerer Gerinnungsfaktoren in der Leber benötigt wird. Auf diese Weise wird die Gerinnungsfähigkeit des Blutes vermindert. Beispiele für Wirkstoffe sind Phenprocoumon oder Warfarin.
Diese Antikoagulanzien können oral, d. h. in Form von Tabletten eingenommen werden. Bei den VKA handelt es sich um wirksame Arzneimittel, die bereits in den 50er-Jahren des letzten Jahrhunderts zugelassen wurden. Nachteilig ist, dass die Wirkung mithilfe eines Gerinnungstests (Quick-Test) oder INR regelmäßig kontrolliert und die Dosierung ständig angepasst werden muss. Ferner kann die Wirkung des VKA durch viele andere Medikamente und durch Nahrungsmittel beeinflusst werden.
Faktor-Xa-Hemmer
Die Blutgerinnung ist ein komplexer Ablauf, der über ein mehrstufiges System (Gerinnungskaskade) gesteuert und kontrolliert wird. Verschiedene Enzyme – Eiweiße, die Reaktionen zwischen zwei Molekülen fördern oder hemmen können – übernehmen dabei zentrale Aufgaben zur Regulation.
Eines dieser Enzyme, die auch als Gerinnungsfaktoren bezeichnet werden, ist der Faktor X (Faktor zehn). Er übt an einem zentralen Punkt der sogenannten Gerinnungskaskade seine regulierende Funktion aus. Solange die Blutgerinnung nicht angeregt wird, beispielsweise durch eine Schürfwunde, liegt Faktor X in seiner inaktiven Form vor. Kommt es zu einer Verletzung oder wird wie beim Vorhofflimmern die Bildung eines Thrombus initiiert, wird das Enzym in seine aktive Form (Faktor Xa) umgewandelt und führt letztlich mit dazu, dass sich ein Gerinnsel bilden kann.
Sogenannte Faktor-Xa-Hemmer machen sich diese zentrale Funktion des Faktors zu Beginn der Gerinnungskaskade zunutze, indem sie an entscheidender Stelle an das Enzym binden und so dessen Wirkung blockieren. Dies führt dazu, dass das Blut keine Blutgerinnsel bilden kann, also „flüssig“ bleibt. Dieser Effekt ist bei einer Tiefen Venen-Thrombose und Lungenembolie erwünscht und trägt dazu bei, dass sich die Thromben im Bein bzw. in der Lunge auflösen.