Komplikationen nach transrektaler und transperinealer Prostata-Biopsie

Die transrektale Prostatabiopsie (TR-Bx) ist wegen des Risikos für Infektionen nach Biopsie in die Kritik geraten – während die transperineale Prostatabiopsie (TP-Bx) als sicherere Alternative angeboten wird. Doch fehlte es bislang an randomisierten Vergleichsstudien. Badar M. Mian et al. nahmen sich nun des Themas an und führten erstmalig eine randomisierte, kontrollierte Studie (RCT) durch, um die infektiösen und nicht-infektiösen Komplikationen im Zusammenhang mit den beiden Biopsie-Verfahren direkt zu vergleichen. Die Patienten mit klinischem Verdacht auf ein Prostatakarzinom (PCa) erhielten entweder eine ambulante TR-Bx (1-tägige Antibiotika-Prophylaxe) oder eine TP-Bx (vereinzelte Gabe eines Antibiotikums) unter Lokalanästhesie. Als primärer Endpunkt wurde „die 30-Tage-Rate kombinierter infektiöser Komplikationen“ definiert. Zu den sekundären Ergebnissen gehörte die „Rate an kombinierten nicht-infektiösen Komplikationen nach 30 Tagen.“ 

Summary

Von den 763 randomisierten Patienten erhielten 718 entweder eine transrektale (n=351) oder eine transperineale (367) Prostatabiopsie. Die 30-Tage-Rate der kombinierten infektiösen Ereignisse lag in der TR-Bx-Gruppe bei 2,6 % (n=9) versus 2,7 % (n=10) in der TP-Bx-Gruppe (Odds Ratio [OR] 1,06; 95 % KI 0,43-2,65; p=0,99). In beiden Gruppen entwickelte keiner der Patienten eine Sepsis. Außerdem wurde kein Unterschied bei den einzelnen infektiösen Ereignissen beobachtet. Abbildung 1 zeigt das Risiko für kombinierte und einzelne infektiöse Komplikationen in beiden Gruppen. Eine kombinierte nicht-infektiöse Komplikation trat bei 6 (1,7 %) Patienten in der TR-Bx-Gruppe auf und bei 8 (2,2 %) Patienten in der TP-Bx-Gruppe (OR 1,28; 95 % KI 0,44-3,73; p=0,79). Krankenhauseinweisungen oder andere Interventionen (wie Antibiotika-Gabe) waren weder bei den Patienten mit TR-Bx noch bei denjenigen mit TP-Bx indiziert. Alle infektiösen und nicht-infektiösen Komplikationen erwiesen sich als geringfügig und/oder klangen spontan ab. 

Grafk Transrektal Transperinal
Grafk Transrektal Transperinal

Key Finding

Man with bulb

Mian et al. zeigten in ihrer randomisierten Studie zum Vergleich der beiden Prostatabiopsie-Verfahren TR-Bx und TP-Bx: 

  • Es gab keine Unterschiede in der Gesamtrate der kombinierten infektiösen oder nicht-infektiösen Komplikationen. 
  • Außerdem zeigte sich kein Unterschied in den einzelnen infektiösen Ereignissen.   
  • Alle infektiösen und nicht-infektiösen Komplikationen waren geringfügig und/oder klangen spontan ab.

Details

Rationale 

Infektiöse Komplikation nach einer transrektalen Prostatabiopsie (TR-Bx) sind, so die Beobachtung einiger Zentren, um das 2- bis 4-fache angestiegen – und zwar trotz verstärkter Antibiotikaprophylaxe. Als Ursache wird die weltweit zunehmende Antibiotikaresistenz vermutet. Die TP-Bx gilt als bessere Alternative zur TR-Bx, da sie lediglich mit einem minimalen Infektionsrisiko einherzugehen scheint. Allerdings geben die Leitlinien widersprüchliche Empfehlungen zu den beiden Biopsie-Verfahren. Bei den zu dieser Thematik bislang veröffentlichenden wissenschaftlichen Arbeiten handelt es sich ausschließlich um Beobachtungskohorten-Analysen, während randomisierte Vergleichsstudien fehlen. Um diese Forschungslücke zu schließen, führten Badar M. Mian et al. die Prostate Biopsy Efficacy and Complications (ProBE-PC)-Studie durch – eine prospektiveRTC mit vordefinierten Ergebnissen: Studienziel war ein direkter Vergleich der infektiösen und nicht-infektiösen Komplikationen von TR-Bx und TP-Bx. Getestet wurde die primäre hypothese, dass TP-Bx mit weniger infektionsbedingten Komplikationen assoziiert ist als TR-Bx. 

Methodik

Vom 5. September 2019 bis zum 9. September 2022 wurden alle Patienten mit Prostata-Erst- oder Wiederholungsbiopsie bei klinischem Verdacht auf PCa in einem der angeschlossenen Zentren eingeladen, an der Studie teilzunehmen – unabhängig von Indikation oder Ausgangscharakteristika (Alter, PSA-Wert, Komorbiditäten oder genitourinäre Anamnese). Das einzige Ausschlusskriterium beim Screening war ein chirurgisch nicht vorhandenes Rektum (3 Patienten). Eine multiparametrische Magnetresonanztomografie (mpMRI) der Prostata vor der Biopsie war erwünscht, jedoch keine Voraussetzung. Die geeigneten 1:1 randomisierten Studien-Patienten erhielten ambulant entweder eine transrektale oder eine transperineale Prostatabiopsie unter lokaler Anästhesie. Patienten mit TR-Bx bekamen eine 1-tägige Antibiotikaprophylaxe, bei TP-Bx erfolgte nur in Einzelfällen eine vorbeugende Antibiotika-Gabe.   

Der primäre Endpunkt waren die kombinierten 30-Tage-Raten infektiöser Komplikationen, definiert als mindestens eines der folgenden Merkmale: Fieber (einschließlich nicht dokumentiertem Fieber), Urolgenitalinfektionen (jede Art von Harnwegsinfektion, Prostatitis, Epididymoorchitis), perineale Abszesse/Zellulitis, Antibiotikaverordnungen (für vermutete oder bestätigte Infektionen), Sepsis, infektionsbedingte Besuche in der Notaufnahme, Krankenhauseinweisung, Besuche in der Praxis oder Anrufe. Sepsis wurde anhand der Kriterien der Sepsis-3-Task-Force definiert. Zu den sekundären Endpunkten gehörten kombinierte 30-Tage-Komplikationen, die nicht infektiös waren, einschließlich Harnverhalt, Blutungen, die einen Eingriff erforderten, und damit verbundene Besuche in der Notaufnahme, Krankenhauseinweisungen, Besuche der Praxis oder Telefonate.

Ergebnisse

Von den 763 konsekutiv randomisierten Patienten beendeten 718 die Biopsie – von diesen erhielten 351 TR-Bx und 367 TP-Bx. Insgesamt waren die Patienten durchschnittlich (SD) 65 (6,9) Jahre alt. 45 Patienten (36 während des Höhepunkts der COVID-19 Pandemie) wurden nach der Randomisierung ausgeschlossen (z.B. hohes Alter, stabiler PSA-Wert, Biopsie an einem anderen Zentrum). Die Hauptindikation für eine Biopsie war ein erhöhter PSA-Wert (n=587; 82 %). Vor der Biopsie wurde bei 687 (96 %) Patienten eine mpMRT der Prostata durchgeführt – davon zeigte sich bei 527 (73 %) eine Läsion, die eine kombinierte MRT-gesteuerte plus systematische Prostatabiopsie notwendig machte. In der TR-Bx-Gruppe umfasste die Antibiotikaprophylaxe bei einem Großteil der Patienten orale Standardmedikamente (n=272; 78 %), 79 (23 %) erhielten intramuskuläre Injektionen. 4 Patienten in der TP-Bx-Gruppe bekamen eine Prophylaxe nach Ermessen des Chirurgen, aufgrund von Blasenkathetern oder mechanischen Herzklappen. 

Infektiöse Komplikationen

Ein kombiniertes infektiöses Komplikationsereignis wurde bei 9 Patienten (2,6 %) in der TR-Bx-Gruppe und bei 10 (2,7 %) in der TP-Bx-Gruppe beobachtet (OR 1,06; 95 % KI 0,43 - 2,65; p=0,89). 

Wie die Studienautoren betonen, war ihre Definition von infektiösen Komplikationen umfassend und schloss auch „mögliche“ infektiöse Ereignisse ein. Bei einer – wie in anderen Studien angewendete – engeren Definition (dokumentierte Harnwegsinfektion, Sepsis, Antibiotika), lagen die Raten infektiöser Komplikationen in der hier vorgestellten Arbeit bei 1,1 % bzw. 1,4 %, entsprechend für TR-Bx versus TP-Bx. Sepsis-Episoden traten nach keiner der beiden Biopsie-Methoden auf. Fieber (auch nicht dokumentiertes) wurde als häufigstes infektionsbedingtes Ereignis in jeder Gruppe von jeweils 6 Patienten berichtet. Zusätzliche Antibiotika-Verordnungen bei Verdacht auf gonorrhoische Urethritis (GU) erhielten 6 Patienten in der der TR-Bx- und 5 in der TP-Bx-Gruppe. Davon war bei lediglich jeweils 1 Patienten pro Gruppe die Urinkultur positiv. 3 Patienten in jeder Gruppe stellten sich wegen Fieber und Infektionsverdacht in 4 verschiedenen Notaufnahmen vor. 2 Patienten in der TR-Bx-Gruppe und 1 in der TP-Bx-Gruppe wurden zur Beobachtung über Nacht in ein Krankenhaus eingewiesen. Bemerkenswert ist, dass 5 der 7 Telefonanrufe im Zusammenhang mit einer möglichen Infektion auch mit einer anderen infektiösen Komplikation (Antibiotika, Fieber, Notaufnahmebesuch) assoziiert waren. Bei 6 Patienten in der TR-Bx-Gruppe und 5 in der TP-Bx-Gruppe erfolgte eine Einstufung der Komplikationen als Clavien-Dindo Grad II

Nicht-infektiöse Komplikationen

Ein kombiniertes nicht-infektiöses Komplikationsereignis trat bei 6 (1,7 %) Patienten in der TR-Bx auf und bei 8 (2,2 %) in TP-Bx-Gruppe (OR 1,28; 95% KI 0,44-3,73; p=0,65)

Davon wurden Telefonanrufe in der Praxis als häufigste Komplikation berichtet (TR-Bx-Gruppe: 3 (0,9 %) Patienten versus TP-Bx-Gruppe: 7 (1,9 %) Patienten; p=0,34). Pro Gruppe gab es bei jeweils 1 Patienten einen Harnverhalt, der einen Foley-Katheter notwendig machte. 2 Patienten wandten sich nach TR-Bx wegen Hodenschmerzen und/oder Blasenentleerungsbeschwerden an ihre Hausarztpraxis. 1 Patient suchte nach TP-Bx wegen Harnwegsbeschwerden die Notaufnahme auf – doch musste in beiden Gruppen kein Patient in ein Krankenhaus. Von den nicht-infektiösen Ereignissen wurden Komplikationen von Grad II bei 1 Patienten in der TR-Bx- und bei 2 Patienten in der TP-Bx-Gruppe festgestellt. In beiden Gruppen musste kein Patient aufgrund von Blutungen nach der Biopsie behandelt werden (Zystoskopie, Spülung, Fulguration, Koloskopie usw.). Bei je 1 Patienten pro Gruppe kam es während der Biopsie zu einer vasovagalen Reaktion, die nach kurzer Beobachtungszeit spontan abklang. Keiner der beiden Biopsie-Verfahren wurde wegen intraoperativer Komplikationen abgebrochen. 1 Patient, der keine Symptome aufwies, verstarb 14 Tage nach TP-Bx während körperlicher Aktivität – einem Antrag auf Autopsie zur Feststellung der Todesursache wurde nicht stattgegeben.

Fazit für die Praxis

Man with bulb

Mian et al. schließen: 

  • Bei Patienten, die eine transperineale oder eine transrektale Prostatabiopsie erhielten, konnte kein Unterschied in Bezug auf infektiöse oder nicht-infektiöse Komplikationen festgestellt werden. 

Beide Biopsieverfahren bleiben klinisch praktikabel und sicher. 

Mian BM, Feustel PJ, Aziz A, Kaufman RP Jr, Bernstein A, Avulova S, Fisher HAG. Complications Following Transrectal and Transperineal Prostate Biopsy: Results of the ProBE-PC Randomized Clinical Trial. J Urol. 2024 Feb;211(2):205-213. doi: 10.1097/JU.0000000000003788. Epub 2023 Nov 17. PMID: 37976319.