KI in Therapie, Diagnostik und Forschung
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Künstliche Intelligenz – weit mehr als nur ein Hype
Künstliche Intelligenz (KI) hält zunehmend Einzug in alle Bereiche der urologischen Patientenversorgung und stellt innovative Werkzeuge zur Verfügung, die die tägliche Arbeit erheblich erleichtern und die Versorgungsqualität auf ein neues Niveau heben. Durch den Einsatz KI-basierter Anwendungen werden präzisere und schnellere Diagnosen möglich, und es entstehen personalisierte Therapieansätze, die gezielt auf die individuellen Bedürfnisse der Patienten abgestimmt sind. Der unmittelbare Zugriff auf evidenzbasierte Informationen und aktuelle Therapieempfehlungen in Echtzeit gewährleistet zudem einen kontinuierlichen und zeitsparenden Zugang zu modernsten Therapieansätzen und den neuesten Forschungsergebnissen, die somit direkt in die ambulante Patientenversorgung einfließen können.
UroBot: Evidenzbasierte Fachantworten ad hoc
Der UroBot-4o, kurz UroBot genannt, nutzt das Sprachmodell GPT-4o von OpenAI, um Urologen evidenzbasierte Therapieempfehlungen zu bieten und Fachfragen zu beantworten. Dabei kann das System die Fragen der Facharztprüfung laut Informationsdienst Wissenschaft genauer beantworten als manch ein Kollege. Durch die systematische Analyse zahlreicher Leitlinien und wissenschaftlicher Publikationen extrahiert der UroBot relevante Informationen aus umfangreichen PDF-Dokumenten und verarbeitet diese in Echtzeit. Bei der Eingabe von Patientendaten, beispielsweise zu mHSPC inklusive molekularer Tumoranalyse, generiert der UroBot innerhalb von Sekunden evidenzbasiert Behandlungsvorschläge und gibt die entsprechenden Quellen an.
KI eKonsil: KI-gestützte Zweitmeinung bei der Therapie von Hodentumoren
Die Integration von Künstlicher Intelligenz (KI) in die medizinische Praxis erfährt einen bedeutenden Schritt mit dem eKonsil Hodentumor, das die Möglichkeit bietet, schnell und unkompliziert Expertenmeinungen für ihre Patienten einzuholen. Zukünftig wird die Therapieempfehlung mithilfe eines intelligenten Algorithmus erstellt, der auf der aktuellen S3-Leitlinie, relevanten Studien und einem umfassenden Datensatz von über 12.000 Einträgen basiert. Darüber hinaus fließen frühere Expertenempfehlungen aus dem Netzwerk in die Therapieempfehlung ein. Diese umfassende Datenbasis bietet den beratenden Experten ein wertvolles Instrument, um eine fundierte Zweitmeinung auszusprechen. Nach abgeschlossenem Training befindet sich das KI-gestützte eKonsil Hodenkrebs noch in der Bewertungsphase.
KI als Assistent in der Bildgebung
In einer zunehmend älter werdenden und multimorbiden Gesellschaft steigt die Nachfrage nach medizinischer Bildgebung erheblich. Diese Entwicklung geht Hand in Hand mit einem wachsenden Mangel an Radiologen, der die Arbeitsbelastung des bereits stark beanspruchten Fachpersonals weiter erhöht. Künstliche Intelligenz bietet hier innovative Lösungen, indem sie in der Lage ist, Bilddaten in Rekordzeit zu analysieren und potenzielle Auffälligkeiten zu identifizieren. Auf diese Weise kann KI Radiologen unterstützen, präzisere und frühere Diagnosen zu stellen, was besonders in der Versorgung von Patienten mit chronischen Erkrankungen von Bedeutung ist. Durch den Einsatz von KI werden nicht nur Fehldiagnosen minimiert, sondern auch wertvolle Zeit für die Behandlung gewonnen – ein entscheidender Faktor in der heutigen klinischen Praxis.
Calantic: Die KI-Plattform für die Prostata-Bildgebung
KI-Algorithmen können u.a. effektiv zur Analyse von MRT-Scans der Prostata eingesetzt werden, wodurch die Diagnostik von Prostatakarzinomen verbessert wird. KI erkennt Muster, die für das menschliche Auge schwer zu erkennen sind, und klassifiziert die Tumore. Darüber hinaus kann eine KI-basierte Software als „Concurrent Reader“ agieren und Radiologen helfen, genauere Ergebnisse zu liefern. Die cloudbasierte Plattform Calantic ermöglicht Radiologen den Zugriff auf diverse KI-Anwendungen speziell im Bereich der Prostatadiagnostik. Durch die Automatisierung routinemäßiger Aufgaben und die Optimierung von Arbeitsabläufen wird wertvolle Zeit gespart, sodass medizinische Fachkräfte in jeder Phase des Patientenweges – von der Diagnose bis zur Behandlung – effektiver unterstützt werden können.
Da Vinci Surgical System: KI-gestützte Microchirurgie
Die Da-Vinci-Methode gehört zu den modernsten minimalinvasiven OP-Verfahren für eine so genannte roboter-assistierte Prostatektomie. Das Robotersystem nutzt verschiedene Ansätze der Künstlichen Intelligenz und bildverarbeitenden Technologien, um die chirurgische Präzision und Effizienz zu verbessern. Die dreidimensionale und vergrößerte Ansicht des Körperinneren erlaubt eine millimetergenaue Kontrolle der OP-Instrumente und minimiert die Wahrscheinlichkeit von Verletzungen und postoperative Komplikationen.
KI in der Forschung
Künstliche Intelligenz spielt eine transformative Rolle in der medizinischen Forschung, indem sie verschiedene Prozesse effizient gestaltet. Besonders relevant ist ihr Einsatz in der Identifizierung potenzieller Wirkstoffe, wo sie den komplexen und zeitintensiven Prozess der Medikamentenentwicklung revolutioniert. Darüber hinaus optimiert KI die Planung und Analyse klinischer Studien, wodurch die Durchführung dieser Prüfungen sicherer und effektiver wird. Ein weiterer entscheidender Beitrag der Künstlichen Intelligenz liegt in der Präzisionsmedizin, indem sie große Datenmengen analysiert und genetische Informationen verarbeitet. So ermöglicht sie die Entwicklung individualisierter Behandlungsansätze, die auf die spezifischen Bedürfnisse und Merkmale einzelner Patienten zugeschnitten sind.
Decipher: KI zur molekularen Risikostratifikation
KI-Methoden werden zunehmend genutzt, um neue prädiktive Marker in großen Datenmengen aus Proteom-, Genom- und Transkriptomanalysen zu identifizieren. Diese Biomarker sind entscheidend, um die Aggressivität von Erkrankungen wie Prostatakrebs zu klassifizieren und das Metastasierungsrisiko zu bewerten. Ihre Integration in die klinische Praxis stellt einen bedeutenden Fortschritt in Richtung personalisierte Medizin dar. Ein Beispiel für den Einsatz von KI ist der genomische Klassifikator „Decipher®“, der beim Prostatakarzinom als Prognosemarker validiert wurde. So könnte bei Patienten mit hohen Decipher-Werten im Falle eines biochemischen Rezidivs eine frühzeitige multimodale Therapie in Betracht gezogen werden.
Ausblick: Risikobewertung und Prognose mit KI
Die Entscheidung, ob bei erhöhten PSA-Werten eine Biopsie notwendig ist oder nicht, könnte durch die Integration von KI in die Diagnosetools revolutioniert werden. Laut einer aktuellen Studie des DKFZ zeigt die Kombination von KI-Analyse und dem herkömmlichen MRT-Bewertungssystem PI-RADS signifikante Vorteile. Diese Methode identifiziert nahezu 49 Prozent der Männer als geringes Risiko, die ansonsten eine Biopsie erhalten hätten, ohne dabei relevante Tumore zu übersehen. Somit eröffnet sich die Möglichkeit, viele invasive Eingriffe zu vermeiden und die Diagnosetiefe zu verbessern. Dennoch betonen die Forschenden, dass weitere Studien erforderlich sind, um den tatsächlichen Nutzen dieser innovativen Vorgehensweise zu bestätigen und sicherzustellen, dass für die betroffenen Patienten keine nachteiligen Folgen entstehen.
(Quellen zuletzt aufgerufen am 04.03.2025)
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