COVID-19: Erhöhte kardiovaskuläre Mortalität durch Gerinnungsstörungen

Bei Patienten mit COVID-19 besteht ein erhebliches Risiko für venöse und arterielle Thromboembolien, unabhängig von Alter und Geschlecht.
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 Was die Fachgesellschaften zur Thromboseprophylaxe aktuell empfehlen und weshalb eine vorbestehende Antikoagulation den Infektionsverlauf positiv beeinflussen könnte.

Im Verlauf der Infektion mit SARS-CoV-2 kann es zu einer massiven systemischen Inflammationsantwort mit starker Zytokinausschüttung kommen – einem sogenannten Zytokin-Sturm. Dieser Sturm stößt die Aktivierung des Gerinnungssystems an. Infolge der gesteigerten Gerinnungsaktivität erhöht sich das VTE-Risiko und dadurch auch das Mortalitätsrisiko.[3]-[5]

 

Erhöhtes Thromboembolie-Risiko auch bei asymptomatischen Patienten

Hospitalisierte COVID-19-Patienten und intensivmedizinisch therapierte Patienten haben ein hohes Risiko für venöse Thromboembolien. Laut einer Metaanalyse mit > 28.000 Patienten betrug die VTE-Prävalenz bei Nicht-Intensivpatienten 7,9 %. Bei Intensivpatienten lag sie bei 22,7 % (davon 13,7 % Lungenembolien).[6] Neue Studien deuten darauf hin, dass auch bei asymptomatischen und jüngeren COVID-19-Patienten ohne Vorerkrankungen ein gesteigertes Thromboembolie-Risiko besteht.[1]-[3]

 

Wie ein erhöhtes Thromboembolie-Risiko erkennen?

Erhöhte D-Dimer-Level bei stationärer Aufnahme sind ein Prädiktor für eine hohe Gerinnungsaktivität und daher ein Hinweis auf ein erhöhtes Thromboserisiko. Auch bei einer plötzlichen klinischen Verschlechterung können thromboembolische Ereignisse vorliegen.,

 


Verdacht auf Lungenembolie besteht bei COVID-19-Patienten u. a. bei:

  • unerwarteter Verschlechterung der Atemfunktion[5]
  • neuer oder nicht zu erklärender Tachykardie[5]
  • Blutdruckabfall ohne sonstige Ursachen[5]
  • Zeichen/Symptomen einer tiefen Beinvenenthrombose[5]
     

Eine frühzeitige Abklärung durch Bildgebung (CT) wird empfohlen.[2]


 

Welche Thromboseprophylaxe und VTE-Therapie bei COVID-19?

Zur VTE-Prophylaxe empfehlen die Fachgesellschaften:

 

Deutsche Gesellschaft für Angiologie (DGA):

  • Das individuelle VTE-Risiko sollte bei allen positiven SARS-CoV-2-Patienten evaluiert werden.[2] Dabei sollte eine großzügige Indikationsstellung (stationär wie ambulant) für eine medikamentöse VTE-Prophylaxe erfolgen, i. d. R. niedermolekulares Heparin in der Dosierung für eine Hochrisikoprophylaxe. Kontraindikationen sind dabei zu beachten.[2],
     

Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung (GTH):

  • Die Indikation zur medikamentösen VTE-Prophylaxe mit niedermolekularem Heparin (NMH) sollte bei allen Patienten mit bestätigter SARS-CoV-2-Infektion unabhängig von der Notwendigkeit einer Hospitalisierung fortlaufend überprüft und großzügig gestellt werden.
  • Besteht eine Indikation zur medikamentösen VTE-Prophylaxe, sollte diese mit NMH in einer für den Hochrisikobereich zugelassenen Dosierung erfolgen. Bei Kontraindikationen für eine Antikoagulation sollten physikalische Maßnahmen (z.B. Kompressionsstrümpfe) zur Anwendung kommen.[9]
  • Bei signifikant erhöhten D-Dimeren (≥ 1,5–2,0 mg/l) sollte eine stationäre Aufnahme unabhängig von der Krankheitssymptomatik zur Überwachung erwogen werden.[9]
  • Alle hospitalisierten Patienten mit SARS-CoV-2-Infektion sollten fortlaufend hämostaseologisch überwacht werden (u. a. D-Dimere, Quick/INR, Thrombozytenzahl).[9]
     

Die Bedeutung und Intensität der VTE-Prophylaxe werden weiterhin von Experten diskutiert.

 

Empfehlung zur VTE-Therapie

  • Bei bestätigten venösen Thromboembolien im Zusammenhang mit einer COVID-19-Infektion sollte eine Therapie mit den dafür zugelassenen Medikamenten in volltherapeutischer Dosierung für mindestens 3 Monate durchgeführt werden. Danach kann eine Reevaluation erfolgen.[2]
  • Akute Lungenembolien sollten risikostratifiziert nach den aktuellen Leitlinienempfehlungen therapiert werden. Empfehlungen hierzu finden Sie u. a. in den Leitlinien der European Society of Cardiology (ESC).[3]
  • In der Akutphase der Lungenembolie sollten bei Patienten mit intermediärem oder niedrigem Risiko, die für eine orale Initialtherapie mit einem DOAK infrage kommen, DOAK bevorzugt gegenüber VKA eingesetzt werden (IA-Empfehlung).

     

Beeinflusst vorbestehende Antikoagulation das Thromboembolie-Risiko positiv?

COVID-19 erhöht das Thrombose- und Mortalitätsrisiko. Die Empfehlungen der Fachgesellschaften sind klar: Eine VTE-Prophylaxe mit breiter Indikationsstellung. Doch bedeutet das im Umkehrschluss auch, dass eine vorbestehende Antikoagulation das Thromboembolie-Risiko im Falle einer Infektion senken und ggf. den COVID-19-Verlauf positiv beeinflussen kann?

Laut einer retrospektiven Studie aus Italien lag die Mortalitätsrate älterer Patienten mit einer kardiovaskulären Vorerkrankung und zusätzlicher COVID-19-Pneumonie bei 44 %. Patienten mit bereits vorbestehender, indizierter therapeutischer Antikoagulation mit DOAK hatten in der Studie einen Mortalitätsvorteil gegenüber Patienten ohne Antikoagulation.[11] Die Autoren schlussfolgern: eine vorbestehende DOAK-Therapie scheint der Entstehung von Thromben bei einer COVID-19-Erkrankung von Beginn an entgegenzuwirken.[11]

 

So schätzen internationale VTE-Experten die neuen Erkenntnisse ein

Unter den Vorhofflimmer- und VTE-Patienten findet sich nach derzeitigem Kenntnisstand nur ein sehr geringer Anteil schwer erkrankter COVID-19-Patienten.  Daher könnte es einen möglichen positiven Effekt auf den Krankheitsverlauf von COVID-19 durch die vorbestehende Antikoagulation mit DOAK oder VKA bei diesen Krankheitsbildern geben.[12]

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