Die Niederfeld-MRT erlebt derzeit eine Renaissance: Insbesondere in der Beurteilung von Extremitäten und bei neurologischen Fragestellungen im Notfall- und Intensiv-Setting erlaubt sie schnell eine grobe Orientierung.
Das Wiederaufleben der Niederfeld-MRT liegt vor allem an verbesserter Technik. Im Vergleich zu höheren Feldstärken ist das Signal zwar geringer, dies lässt sich aber kompensieren über bessere Gradiententechnologie, über parallele Bildgebung und die verbesserte Bildverarbeitung.
Weitere Vorteile sind:
- geringere Suszeptibilität, die Vorteile in der Lungenbildgebung und bei der Beurteilung von Implantaten oder Fremdkörpern bringt.
- verminderter Raketeneffekt (Gefahr des Anziehens ferromagnetischer Gegenstände)
- niedrigere spezifische Absorptionsraten (SAR)
- kleinere und leichtere Scanner mit geringerem ökologischen Footprint
- Magneten, die mit wenig Helium (trockene Magneten) auskommen und auch in Regionen mit wechselhafter Stromversorgung einsetzbar sind.
Dennoch bleiben grundsätzliche Nachteile bestehen:
Das geringere Signal-zu-Rausch-Verhältnis führt zu längeren Messzeiten. Die spektrale Trennung von Fett und Wasser ist erschwert und der Kontrast nach Kontrastmittel-Gabe ist vermindert – was zu „rauschigen Bildern“ führt, so Rafael Heiß, Erlangen.
Außerdem muss man die Sequenzen aus dem Hochfeld-Scan adaptieren – die direkte Übertragung der Sequenzen funktioniert nicht.
Einsatzgebiete
Für kritische Szenarien
, beispielsweise Screening oder Therapiemonitoring, sowie für gefährdete Patientengruppen wie Kinder
und Jugendliche
oder Schwangere
kann die Niederfeld-MRT Lücken schließen. Heiß nannte das Beispiel einer jungen Frau mit zystischer Fibrose, die sich vor ihrem 20. Lebensjahr bereits 22 Röntgenuntersuchungen und 6 CTs unterzogen hatte. „Die Niederfeld-MRT ist hier eine wertvolle Ergänzung, die sehr viel Dosis einspart,“ so Heiß.
Bei metallischen Implantaten
wie TEPs ist die Artefakt-Reduktion ein Vorteil der Niederfeldgeräte. Dies ist unter anderem wegen der älter werdenden Bevölkerung bedeutsam, die mehr Implantat-Bildgebung erfordert. Ein weiterer Aspekt sind Kriegsverletzungen: Als Beispiel nannte Heiß Schrapnell
(mit Metallkugeln gefüllte Granaten) im Arm, deren Lage zum Nerv beurteilt werden muss, ohne deren Lokalisation zu verändern. „Im Hochfeld ist hier Vorsicht geboten,“ sagte Heiß.
Die diagnostische Qualität in der Niederfeld-Bildgebung des Kiefergelenks
ist für die meisten Patient:innen ausreichend, allerdings muss man Zeit investieren, um diagnostische Bilder zu erhalten. Durch KI-basierte Algorithmen ist eine verkürzte Messzeit bei verbesserter Qualität zu erwarten.
Die Niederfeld-MRT erlaubt die Erkennung vieler Pathologien am Knie
, beispielsweise Kreuzbandrupturen. Für eine exakte Graduierung, zum Beispiel bei einem Meniskuseinriss, ist die Auflösung allerdings zu gering.
In der muskuloskelettalen
(MSK) Radiologie ist das Niederfeld eine Option, allerdings kommt die Methode bei sehr kleinen Strukturen, zum Beispiel am Handgelenk, an ihre Grenzen. Die Messzeitverlängerung ist problematisch, wenn im Zielbereich mit Bewegung zu rechnen ist.
Aufnahmen des Gehirns
bei 0,55T sind geringer aufgelöst und damit rauschiger. Die Messzeit beträgt rund 21 Minuten, also 25-30% länger als im Hochfeld. Genutzt wird das Niederfeld in Erlangen zum Beispiel für die Verlaufskontrolle von Meningeomen.
Zudem zeigte sich in der Schlaganfalldiagnostik
das Niederfeld als nicht-inferior zu Scannern mit höheren Feldstärken und könnte damit als günstige Alternative zu den gängigen Scannern in Frage kommen. Bei der Detektion sehr kleiner Infarktherde war der Niederfeld-Scanner allerdings unterlegen.
Für die Enterographie
ist die Niederfeld-MRT am Uniklinikum Erlangen mittlerweile klinische Routine. „Die Methode ist für alle Gewebe gut, die an Luft grenzen,“ unterstrich Heiß.
Bei der Untersuchung von Infiltraten der Lunge
kann die Niederfeld-MRT Rundherde ab 0,6 cm detektieren. Hier ist die CT allerdings vorherrschend.
Als Beispiel für die funktionelle Anwendung
der Niederfeld-MRT nannte er Perfusion und Ventilation der Lunge bei Long-CoVID
Patient:innen. Seine Studie mit von Long-CoVID betroffenen Kindern und Jugendlichen deutet darauf hin, dass Methode auch hier robust auftritt.
In Zukunft
sind weitere Anwendungen denkbar in der fetalen MRT, bei Interventionen, in der Zahn-MRT und in der Veterinärmedizin.