Stadien des Prostatakarzinom

Krankheitsstadien des fortgeschrittenen Prostatakarzinoms

Prostatakarzinome werden in der Regel nach den aktuellen UICC-Klassifikationen eingestuft.[1] Darüber hinaus ist für die weitere Einordnung des fortgeschrittenen (rezidivierten und metastasierten) Prostatakarzinom relevant, ob es noch auf eine antihormonelle Therapie anspricht, da diese Eigenschaft entscheidend für mögliche Therapieoptionen ist. Man unterscheidet zwischen den folgenden Formen: 

Hormonsensitives Prostatakarzinom (HSPC)

Das HSPC ist definiert als Prostatakarzinom, das auf eine Androgendeprivationstherapie (ADT) anspricht. Hier unterscheidet man weiter zwischen dem nicht-metastasierten (nmHSPC) und metastasierten Stadium (mHSPC). Dafür ist entscheidend, ob in der Bildgebung Metastasen festgestellt werden können.[2]

Weitere Informationen zum mHSPC finden Sie hier
 

Kastrationsresistentes Prostakarzinom (CRPC)

Ein Prostatakarzinom ist als kastrationsresistent einzustufen, wenn es trotz effektiver Kastration (Orchiektomie oder ADT) und Testosteronspiegel auf Katrationsniveau (< 50 ng/dl oder 1,7 nmol/l) voranschreitet: Entweder durch eine biochemische Progression (3 konsekutive PSA-Anstiege im Abstand von ≥ 1 Woche, davon zwei 50%ige Anstiege gegenüber dem Nadir und PSA > 2 ng/ml) oder eine radiologische Progression (Auftreten neuer Läsionen: entweder ≥ 2 neue Knochenläsionen im Knochenscan oder 1 Weichteilläsion nach RECIST (Response Evaluation Criteria in Solid Tumours)). Eine symptomatische Progression allein muss in Frage gestellt und weiter untersucht werden. Sie ist nicht ausreichend, um ein CRPC zu diagnostizieren.[2] In Abhängigkeit vom Nachweis von Metastasen spricht man von einem nicht-metastasierten (nmCPRC) oder metastasierten (mCRPC) CRPC. 

Weitere Informationen zum nmCRPC finden Sie hier.

Progression des Prostatakarzinoms

Grafik Progression des Prostatakarzinoms

Mod. nach Scher HI, et al. J Clin Oncol. 2016 [3]


 

Exkurs Epidemiologie

In Deutschland werden jährlich etwa 65.000 neue Prostatakarzinomfälle gemeldet.[4] Hauptsächlich betroffen sind Männer ab 50 Jahren.


Metastasiertes hormonsensensitives Prostatakarzinom (mHSPC)

Das metastasierte hormonsensitive Prostatakarzinom (mHSPC) ist definiert als: Prostatakarzinom, das auf eine Androgendeprivationstherapie (ADT) anspricht und in der Bildgebung eine oder mehrere Metastasen aufweist.[1],[2]

Ein mHSPC kann entweder de novo festgestellt werden. Das heißt die Diagnose des Karzinoms erfolgt zeitgleich mit der Diagnose der Metastasen. Alternativ kann das mHSPC metachron diagnostiziert werden. Hier werden Metastasen nach erfolgter lokaler Primärtherapie diagnostiziert.

Prognose mHSPC

+40% Gesamtmortalität bei Progress

Die jährliche Gesamtmortalität des mHSPC liegt bei etwa 16 %. Dabei stellt ein Krankheitsprogress und damit das Eintreten einer Kastrationsresistenz ein großes Risiko dar. Die jährliche Gesamtmortalität steigt nach Progress zum mCRPC um 40 % auf 56 % an.[4]

Individuelle Prognosen sind jedoch sehr verschieden. Insbesondere die hormonsensitive Phase vor Krankheitsprogress ist variabel, hängt jedoch auch von der Therapie ab. So kann bei alleiniger Behandlung mit ADT der Krebs je nach Ausmaß der Erkrankung innerhalb von etwa einem Jahr zur Kastrationsresistenz fortschreiten.[5]

Zur besseren Einschätzung des mHSCP spricht die S3-Leitlinie Prostatakarzinom eine starke Empfehlung für die Einteilung nach high und low volume bzw. high und low risk aus.[1]


 

High Volume Erkrankung 

(nach Definition der klinisches Studie CHAARTED) 

Vorhandensein mindestens eines der folgenden Kriterien:[6]

  • 4 oder mehr Knochenmetastasen (mit mindestens einer außerhalb des Beckens/des Achsenskeletts)
  • viszerale Metastasen


 

High Risk Erkrankung 

(nach Definition der klinisches Studie LATITUDE)

Vorhandensein mindestens zwei der folgenden Kriterien:[5]

  • 3 oder mehr Knochenmetastasen
  • viszerale Metastassen
  • Gleason-Score ≥8

Verlängerung der Zeit bis zum Progress zur Kastrationsresistenz

Die Progression ist mit einer schlechten Prognose assoziiert. Eine Behandlung, die die Progression verzögert, ist für Patienten mit mHSPC von entscheidender Bedeutung und kann das Überleben verlängern.[7]
 

Erhalt der langfristigen Lebensqualität

Der langfristige Einfluss der Behandlung auf die Lebensqualität ist ein Schlüsselfaktor für Patienten mit mHSPC.[7]

Nicht-metastasiertes kastrationsresistentes Prostatakarzinom (nmCRPC)

Wenn trotz einer klassischen ADT und einem Serumtestosteronspiegel auf Kastrationsniveau (<50 ng/dl) ein biochemisches Rezidiv mit PSA-Werten ≥2 ng/ml auftritt und keine Metastasen in der konventionellen Bildgebung (Knochenszintigraphie und CT) nachweisbar sind, spricht man von einem nicht-metastasierten, kastrationsresistenten Prostatakarzinom (nmCRPC).[1],[2]

Diagnose des Hochrisiko-nmCRPC

Die Diagnose des Hochrisiko-nmCRPC erfolgt in drei Schritten:

  1. Nicht-Metastasierung

    Eine Nicht-Metastasierung liegt vor, wenn mit konventioneller Bildgebung, d. h. Computertomografie (CT), Knochenscan oder Magnetresonanztomografie (MRT), keine Fernmetastasen nachweisbar sind. Pelvine Lymphknoten mit einem Durchmesser <2 cm an der Kurzachse unterhalb der Aortenbifurkation sind für die Diagnosestellung unerheblich.[1]

     

  2. Kastrationsresistenz

    Bei einer Androgenentzugstherapie (ADT) gilt das Kastrationsniveau per Definition als erreicht, wenn der Testosteronspiegel 50 ng/dl (1,7 nM) unterschreitet. Eine Kastrationsresistenz tritt dann auf, wenn der Wert des prostataspezifischen Antigens (PSA-Wert) trotz ADT wieder ansteigt.[2]

     

  3. Hochrisikopatient

    Man spricht von einem Hochrisiko-nmCRPC, wenn die PSA-Verdopplungszeit (PSA-DT) ≤ 10 Monaten beträgt, sich also der PSA-Wert in weniger oder gleich 10 Monaten verdoppelt. [2]

PSA-Kalkulator

Die Berechnung der PSA-Verdopplungszeit ist komplex. Einige Einrichtungen, wie beispielsweise das Memorial Sloan Kettering Cancer Center (New York, USA), haben auf ihren Internetseiten Online-Rechner veröffentlicht, mit deren Hilfe Fehler bei der Kalkulation der PSA-DT vermieden werden können.


Prognose nmCRPC

weniger oder gleich 10 Monate PSA-Verdopplungszeit erhöht Risiko

Beim nmCRPC stellt die Bildung von Metastasen, insbesondere Knochenmetastasen, einen großen Einschnitt für die Lebensqualität der Patienten dar und geht mit einer schlechten Prognose einher.[8],[9],[3]

Etwa ein Drittel der nmCRPC-Patienten entwickelt innerhalb von ca. 2 Jahren Metastasen.[8]

Eine besondere Risikogruppe stellen dabei Patienten mit einer kurzen PSA-Verdopplungszeit (≤ 10 Monate) dar. Sie haben ein signifikant erhöhtes Risiko Fernmetastasen zu entwickeln und auch zu versterben.[10],[11]


 

Prognose bei Knochenmetastasen

Die Bildung von Knochenmetastasen ist klinisch und prognostisch hochrelevant.[9] Im gesamten Verlauf der Erkrankung entwickeln etwa 9 von 10 Patienten auch Knochenmetastasen.[12]

 

Für Betroffene sinkt dadurch die 5-Jahres-Überlebensrate auf 3 % gegenüber 56 % beim nicht-metastasierten Prostatakarzinom.[9] Darüber hinaus reduziert sich auch die Lebensqualität der Betroffenen signifikant, da Knochenmetastasen zumeist mit Komplikationen und Schmerzen einhergehen.


Wichtige Behandlungsziele nmCRPC

Patienten mit nmCRPC haben in der Regel keine Symptome und stehen mitten im Leben. Eine Therapie, die effektiv wirkt und die möglichst keine zusätzlichen Einschränkungen aufgrund von Nebenwirkungen mit sich bringt, ist für diese Menschen besonders wichtig.
 

Verlängerung der Zeit bis zur Metastasierung

Die Progression ist mit einer schlechten Prognose assoziiert.[3] Eine Behandlung, die die Progression verzögert, kann so tumorbedingte Komplikationen verhindern und das Überleben verlängern.
 

Prävention von ossären Metastasen

Knochenmetastasen reduzieren die Lebensqualität, sind oft schmerzhaft und resultieren häufig in Co-Morbiditäten. Darüber hinaus ist die Bildung von Knochenmetastasen mit einer deutlichen Erhöhung des Sterberisikos assoziiert.[9]

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Zwei ältere Menschen, eine weibliche, eine männliche Person, gucken auf ein Tablet und lachen herzlich

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PP-NUB-DE-0583-1


    • 1
      Leitlinienprogramm Onkologie. S3-Leitlinie Prostatakarzinom Version 6.2. 2021. Verfügbar unter: https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/fileadmin/user_upload/Downloads/Leitlinien/Prostatatkarzinom/Version_6/LL_Prostatakarzinom_Langversion_6.2.pdf (abgerufen am 25.01.2024)
    • 2
      EAU. Guidelines on Prostate Cancer. 2023. Verfügbar unter : https://d56bochluxqnz.cloudfront.net/documents/full-guideline/EAU-EANM-ESTRO-ESUR-ISUP-SIOG-Guidelines-on-Prostate-Cancer-2023_2023-03-27-131655_pdvy.pdf (abgerufen am 25.01.2024)
    • 3
      Scher HI et al. Prevalence of Prostate Cancer Clinical States and Mortality in the United States: Estimates Using a Dynamic Progression Model. PLoS One. 2015 Oct 13;10(10):e0139440. doi: 10.1371/journal.pone.0139440. PMID: 26460686; PMCID: PMC4603789.
    • 4
      https://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Krebsarten/Prostatakrebs/prostatakrebs_node.html (abgerufen am 25.02.2024)
    • 5
      Fizazi K et al. Abiraterone plus prednisone in metastatic castration-sensitive prostate cancer, N Engl J Med 2017; 377:352-360 DOI: 10.1056/NEJMoa1704174
    • 6
      Sweeney CJ et al. Chemohormonal Therapy in Metastatic Hormone-Sensitive Prostate Cancer. N Engl J Med. 2015 Aug 20;373(8):737-46. doi: 10.1056/NEJMoa1503747. Epub 2015 Aug 5. PMID: 26244877; PMCID: PMC4562797
    • 7
      Cattrini C et al. Current Treatment Options for Metastatic Hormone-Sensitive Prostate Cancer. Cancers (Basel). 2019 Sep 12;11(9):1355. doi: 10.3390/cancers11091355. PMID: 31547436; PMCID: PMC6770296.
    • 8
      Kirby M et al. Characterising the castration-resistant prostate cancer population: a systematic review. Int J Clin Pract. 2011;65(11):1180- 1192. doi:10.1111/j.1742-1241.2011.02799.
    • 9
      Norgaard M et al. Skeletal Related Events, Bone Metastasis and Survival of Prostate Cancer: A Population Based Cohort Study in Denmark(1999 to 2007), Journal of Urol. 2010;184:162-7;DOI:10.1016/j.juro.2010.03.034
    • 10
      Smith M, et al. Denosumab and bone metastasis-free survival in men with nonmetastatic castration-resistant prostate cancer: exploratory analyses by baseline prostate-specific antigen doubling time. J Clin Oncol. 2013;31:3800–3806. doi: 10.1200/JCO.2012.44.6716.
    • 11
      Smith MR, et al. Natural history of rising serum prostate-specific antigen in men with castrate nonmetastatic prostate cancer. J Clin Oncol. 2005;23:2918–2925. doi: 10.1200/JCO.2005.01.529
    • 12
      Frieling SJ et al. Cancer Control 2015;22(1):109-20.