RSNA 2025 – Kann man Überempfindlichkeits-Reaktionen auf iodhaltige Kontrastmittel verhindern?

Präsentationstag: | 01.12.2025 |
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Autor: | biho/ktg |
Sprecher: | Carolyn L. Wang, University of Washington School of Medicine, Seattle, USA |
Quelle: | RSNA 2025, M3-CGU08 |
Fazit für die klinische Praxis laut ESUR-Guidelines 2025
- Bei bekannter milder Reaktion auf ein iodhaltiges KM wird keine Prämedikation empfohlen. Ein KM-Wechsel kann jedoch erwogen werden.
- Bei bekannter moderater Reaktion wird ein KM-Wechsel empfohlen. Eine Prämedikation sollte erwogen werden, auch wenn die Evidenz hier eher gering ist.
- Bei bekannter schwerer Reaktion sollte zuerst auf alternative Bildgebungsmethoden ausgewichen werden. Sollte dies nicht möglich sein, wird ein KM-Wechsel und eine Prämedikation empfohlen. Außerdem sollte für den Fall einer anaphylaktischen Reaktion schnelles Eingreifen möglich sein.
Durchbruchsreaktionen nach erneuter KM-Gabe
Patient:innen mit bekannter Überempfindlichkeitsreaktion auf ein iodhaltiges Kontrastmittel tragen ein Risiko, auch bei der nächsten Gabe eine Reaktion der gleichen Schwere zu erfahren. Über die Höhe des Risikos gibt es keine verlässlichen Zahlen. Ob eine Prämedikation oder der Wechsel des Kontrastmittels Durchbruchsreaktionen verhindern kann, erläuterte Carolyn L. Wang, University of Washington School of Medicine, anhand von Studiendaten.
Prämedikation – sinnvoll oder nicht?
Die Studienlage zur Prämedikation zur Verhinderung anaphylaktischer Reaktionen liefert keine stimmigen Ergebnisse.
Nach Kim et al. 2023 scheint die Reaktion unabhängig von einer Prämedikation zu sein. 289 von 313 (92 %) der Patient:innen ohne Prämedikation hatten nach wiederholter Gabe des gleichen KM keine Durchbruchsreaktion, während es mit Prämedikation 86 % waren. Bei den Patient:innen, die eine Reaktion zeigten, war diese in 88 % der Fälle mild.
Ein systematischer Review von 2020 schloss nach der Evaluation von sechs Studien, dass eine routinemäßige Gabe von Glucocorticoiden und/oder Antihistaminika zur Prävention einer anaphylaktischen Reaktion nicht sinnvoll sei. Allerdings waren die untersuchten Studien sehr heterogen.
2022 zeigten Hsieh et al. in einem systematischen Review mit Daten aus fünf Studien, dass Patient:innen mit vorheriger moderater oder starker Überempfindlichkeitsreaktion von einer Prämedikation signifikant profitieren. Allerdings waren auch diese Studien sehr heterogen, so dass kein eindeutiges Fazit möglich war. So schwankten zum Beispiel die Gaben von Prednisolon zwischen 25 und 125 mg.
Hilft ein Wechsel des Kontrastmittels?
Neuere Studien untersuchen spezifisch den Einfluss chemischer Seitenketten in KM, den Carbamoylgruppen, auf Durchbruchsreaktionen. Marktübliche, nicht-ionische, niedrigosmolare KM tragen zum Teil unterschiedliche Carbamoylgruppen.
Kim et al. fanden 2023, dass ein KM mit einer eher unüblichen Carbamoylgruppe Überempfindlichkeitsreaktionen signifikant reduziert (p < 0,01). Besonders ausgeprägt war der Effekt bei Patient:innen mit moderater bis schwerer Erstreaktion. Enthielt das KM eine in KM eher häufig enthaltenen Carbamoylgruppe, zeigte sich eine ähnlich hohe Durchbruchsrate wie bei Erstkontakt. Betrachtet wurden 3.800 KM-Gaben bei 1.066 Patient:innen mit bekannter Überempfindlichkeitsreaktion.
2025 bestätigte eine systematische Literaturanalyse von 10 Veröffentlichungen, dass der Wechsel auf ein anderes KM die Durchbruchsreaktion um 69% reduzierte. Wird auf ein KM mit unüblicher Carbamoylgruppe gewechselt, kommt es zu einer weiteren, 35%igen Reduktion von Durchbruchsreaktionen.
In der Praxis kann ein Wechsel auf ein anderes KM aus unterschiedlichen Gründen schwierig sein: Andere KM stehen eventuell nicht zur Verfügung oder sind teurer und werden nicht erstattet; ein Wechsel auf ein anderes KM führt in der klinischen Routine zu mehr Arbeitsaufwand und potenziell höherem KM-Abfall.
